PRESSESTIMMEN

Deutsche Gehörlosenzeitung,

von Kerstin Reiner-Berthold

mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung

Mit allen Wassern gewaschen

Dem Dauerregen zum Trotz konnte nun das Deutsche Gehörlosen-Sportfest nach zweimaliger Verschiebung in der Pandemiezeit durchgeführt werden. Das Organisationsteam mit den Helfern bewies Kreativität und konnte einen reibungslosen Ablauf der Jubiläums-Veranstaltung sichern

Vor 100 Jahren, im Jahr 1920, fand das erste Deutsche Gehörlosen-Sportfest in Erfurt statt. Zugleich feierte der Deutsche Gehörlosen Sportverband (DGSV) als Veranstalter das 25. Sportfest. Der Dresdner Gehörlosen-Sportverein e. V. (DGSV 1920) hätte im letzten Jahr sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Heiko Schneider, der erste Vorsitzende des Dresdner Sportvereins, freute sich während seiner Ansprache bei der Eröffnungsfeier: „Zum ersten Mal in unserer Vereinsgeschichte können wir das Sportfest ausrichten.“

Das Sportfest hätte ursprünglich vom 21. bis 23. Mai 2020 stattfinden sollen. Die Corona-Pandemie machte jedoch einen Strich durch die Rechnung. Man sah sich zunächst gezwungen, das Sportfest auf Mai 2021 und kurze Zeit später auf den endgültigen Zeitraum im August zu verschieben. Vom 26. bis 28. August trafen sich nun insgesamt 738 Sportler – inklusive ihrer Betreuer – zu den Wettkämpfen. Das Organisationskomitee (OK-Team) zählte 138 Zuschauer bei allen Sportstätten und hatte 106 Helfer zur Verfügung.

Eine große Herausforderung für das OK-Team unter der Leitung von André Brändel. Die Organisation musste zwei Mal von vorne begonnen werden. Zwar schien es nicht optimal, das Sportfest mitten in der Ferienzeit Ende August durchzuführen. Andere Termine waren jedoch nicht umsetzbar. Wohl auch deshalb sowie pandemiebedingt verringerte sich die Anzahl der Sportler im Vergleich zum Sportfest in Essen. Dort waren 1.363 Sportler anwesend. Die Vorschriften des Gesundheitsamtes Dresden begrenzte die Teilnehmerzahl auf 999. Es wurde die Einhaltung der 3G-Regel – geimpft, genesen oder getestet – mit Armbändern kontrolliert. Besucher aller Wettkampfstätten mussten sich für die Kontaktverfolgung per Luca-App ein- und auschecken. Wer kein Smartphone besaß, hatte die Möglichkeit, seine Kontaktdaten schriftlich zu hinterlegen.

Rund 300 Besucher feierten bei der Eröffnung des Sportfestes den Einmarsch der Vereine in der Margon Arena. Eine Begrüßungsrede hielt unter anderem der Schirmherr Prof. Dr. Thomas Zahnert aus der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dresden. Auch die zweimalige Olympiasiegerin im Eiskunstlaufen, Katarina Witt, hielt eine Ansprache. Ihre Stiftung unterstützte nun schon die vierte Veranstaltung für Gehörlose. Es gab großen Beifall, als die Eiskunstläuferin „Viel Glück“ gebärdete.

Erst dann kam der Präsident des Deutschen Gehörlosen-Sportverbands Josef Willmerdinger. Auch er freute sich, dass das 25. Deutsche Gehörlosen-Sportfest in Dresden nach langer pandemiebedingter Pause nun durchgeführt werden konnte. „Dieses Sportfest ist sehr wichtig für all unsere Sportler. Endlich können sie wieder ihren Sport ausüben und an Wettkämpfen teilnehmen. Nach langer Zeit und Isolation war der Bedarf nach einem Wiedersehen und nach sportlichen Vergleichen sehr groß“, gebärdete Willmerdinger.

Robert Drechsler, der hörende Moderator vom Radio Sachsen, moderierte die Eröffnungsfeier im Alleingang. Die Gebärdensprachdolmetscher konnten alle auf der Leinwand in der Arena sehen. Das Programm war abwechslungsreich gestaltet, zwischen den Reden tanzten die Cheerleader der American Footballer der Dresden Monarchs. Das Tanzstudio Dancelife animierte die Zuschauer zum Mitmachen. Die Eröffnungsfeier wurde auch live auf Facebook gestreamt (= übertragen) – über 70 Zuschauer verfolgten das Programm live im Netz. Das Video ist noch immer auf der Facebook-Seite einsehbar. Einzig zu kritisieren ist, dass kein einziger gehörloser Künstler oder Moderator im Programm aufgetreten ist.

Das Sportfest in Dresden hatte mit dem Sportpark Ostra einen idealen und sehr zentralen Wettkampfort. Allein dort konnten Schlachtenbummler die Sportarten Basketball, Beachvolleyball, Fußball, Radsport, Leichtathletik und zu Beginn auch Tennis besuchen. Auch befand sich hier ein Programm für Kinder und Jugendliche. Samstag wurde zudem eine Deaf-Messe aufgebaut. Unter freiem Himmel boten 18 Aussteller mitten im Sportpark ihre Waren an. Andere Sportarten fanden in Dresden verteilt statt – meist gut erreichbar per Straßenbahn. Einzig die Wettkämpfe im Motorsport wurden im 80 Kilometer weiter entfernen Grimma ausgetragen. Die ursprünglich geplanten Sportarten Wasserball, Kegeln und Golf mussten entfallen. Pandemiebedingt wurden auch die Wettkämpfe im Rommé und Skat abgesagt, die ursprünglich im Gehörlosenzentrum hätten durchgeführt werden sollen.

Tennis konnte nicht wie geplant auf dem Außengelände durchgeführt werden, der Dauerregen – wohl einmalig in der Geschichte des Sportfestes – machte die Plätze unspielbar. Das OK-Team fand einen Ausweichstandort an der nordöstlichen Stadtgrenze. So konnten die Wettkämpfe doch vollständig über die Bühne gebracht werden.

Am Ende der Wettkämpfe fand eine Abschlussfeier in der schönen Lokalität OSTRA-DOME statt. Die Moderation übernahm ein inklusives Duo – die taube Sabine Flohr und der hörende Moderator Robert Drechsler. Die Sponsoren übergaben bei der Siegerehrung die Pokale an alle Deutschen Meister. So konnten die Gäste, unter denen der Präsident des Deutschen Gehörlosen-Bundes Helmut Vogel auch anwesend war, noch mal die deutschen Meister sehen – eine großartige Idee. Der einzige taube Künstler – der Komiker Javier „Chavi“ Guisado aus Spanien – musste sich nicht neben anderen Künstlern verstecken. Die Blechlawine heizte dem Publikum ein, die Sandkünstlerin Alla Denisova nahm die Gäste mit auf eine Reise und Krisztina Toth begeisterte mit einer Lichtershow. Ein schöner Unterhaltungsabend – vielleicht etwas langatmig (= zu lang andauernd).

Nach der Siegerehrung begann die Sportgala des DGSV, da die Ehrung zum Sportler des Jahres 2019 durch die Pandemie verschoben werden musste. Als Sportlerin und Sportler des Jahres 2019 wurden Melanie Stabel und Colin Müller – beides Sportschützen – geehrt. Im Nachwuchs erhielt der zweifache Schwimmweltmeister von 2019, Lars Kochmann, den Ehrenpreis.

Zum Abschluss übergab der Vorsitzende des DGSV 1920 Schneider die DGSVFahne an Willmerdinger. Leider wurde kein Ausrichter für das nächste Fest präsentiert – obwohl es alle mit Spannung erwarteten. Als Bewerber hat sich der Kölner GSV am Rande des Abschlussabends persönlich beim DGSV Präsidium vorgestellt. Am 2. September meldete sich mit dem GSC Frankenthal der nächste Bewerber auf Facebook.

Es bleibt spannend, die Bekanntgabe des nächsten Ausrichters erfolgt bei der DGSV-Verbandstagung am 11. November 2021.

Weitere interessante Themen können in der DGZ 09/2021 nachgelesen werden.